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Studie zur EU-Taxonomieverordnung

Die DGNB stellt Mängel und Umsetzungsprobleme bei den EU-Vorgaben zu nachhaltigen Investitionen fest. Kernproblem ist die mangelnde Datenverfügbarkeit.

April 19, 2021

Die Taxonomie-Verordnung [2020/852/EU] ist eine EU-Verordnung, die Vorgaben für nachhaltige Investitionen definiert und die interessierten Unternehmen zur Offenlegung ihrer Nachhaltigkeitsaktivitäten zwingt. Die Verordnung enthält die Kriterien, wann eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist (Taxonomie), um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können. Sie dient der Einordnung, welche Finanzprodukte und Investitionen einen wesentlichen Beitrag zu Umweltzielen wie dem Klimaschutz oder der Klimaanpassung erreichen. Sie soll durch Förderung privater Investitionen in grüne und nachhaltige Projekte einen Beitrag zum Europäischen Grünen Deal leisten. Mit der Verordnung werden Finanzmarktteilnehmer, z. B. Investmentfonds, die ein Finanzprodukt als ökologisch vermarkten wollen, verpflichtet, über den Anteil an ökologisch nachhaltigen Investitionen im Sinne der Verordnung in ihrem Portfolio zu berichten. Im Immobilienbereich geht es um die Anwendung von Kriterien bei Neubauten, Sanierungen sowie dem Erwerb und Eigentum von Gebäuden.

Gemeinsame Studie von vier europäischen Green Building Councils

Eine Studie, die die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. gemeinsam mit Green Building Councils aus Dänemark, Österreich und Spanien in den vergangenen Monaten durchgeführt hat, zeigt erhebliche Mängel und Probleme in der Umsetzung der EU-Taxonomie-Verordnung auf. Zielsetzung der Studie war es, die Marktfähigkeit und Anwendbarkeit der Taxonomie-Kriterien anhand realer Projekte zu untersuchen. Dabei sollte geprüft werden, wie gut Organisationen der Immobilien- und Finanzwirtschaft auf das Thema vorbereitet sind und inwieweit sie Kapazitäten aufbauen müssen, um die Bearbeitung der Taxonomie-Kriterien in ihren Prozessen zu integrieren. Auch erste realitätsnahe Erfahrungen zu Aufwand, Kosten und Vorteilen hinsichtlich der Implementierung der notwendigen Prozesse zur Datenerfassung sollten gesammelt werden. Aus elf europäischen Ländern hatten 62 Projekte verschiedenster Gebäudetypen an der Studie teilgenommen. Der Abschlussbericht ist ab sofort auf der DGNB Website verfügbar (siehe Link unten). Darin enthalten sind auch konkrete Empfehlungen an die EU-Kommission sowie an die Marktteilnehmer, um künftig eine bessere Anwendbarkeit der Kriterien zu ermöglichen.

"Die EU hat mit der Taxonomie einen wichtigen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit in der Finanz- und Immobilienwirtschaft gemacht. Umso wichtiger ist es, dass dieser Schritt wohlbedacht ist – mit den richtig formulierten Themen, Anforderungen und Zielsetzungen", sagt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. "Mit unserer Studie wollten wir europaweit an realen Projekten herausfinden, ob der Kriterienkatalog in der aktuellen Fassung überhaupt das Potenzial hat, zum sinnhaften Transformationstool zu werden, oder an den Möglichkeiten des Marktes vorbeigeht."

Fehlende Datengrundlage als Kernproblem für Marktteilnehmer

Im Detail ergab die Untersuchung, dass insgesamt nur eines der 62 Projekte über alle Kriterien hinweg eine vollständige Taxonomie-Konformität nachweisen konnte. Dies lag teilweise an den Schwierigkeiten, die in den Kriterien geforderten Anforderungen zu erfüllen. Häufig fehlte den Teilnehmern aber auch die notwendige Datengrundlage, um eine Nachweisführung zu ermöglichen. Zudem konnten große Unterscheide zwischen den teilnehmenden Projekten festgestellt werden. Während über die Hälfte im Neubau die Anforderungen zu mehr als zwei Drittel erfüllten, gelang dies im Bereich "Erwerb und Eigentum" weniger als 15 Prozent. Hier besteht großer Nachholbedarf bei der Informationsbeschaffung im Bereich der Ankaufsprozesse und des Asset Managements. Insbesondere das Kriterium "Climate Change Mitigation" sorgte bei diesen Projekten für Probleme. Mit Blick auf die inhaltlichen Anforderungen war über alle Gebäude hinweg das Kriterium "Climate Change Adaptation" am schwierigsten zu erfüllen.

Die bei fast allen Projekten vorhandenen Datenlücken waren bei Wohngebäuden und größeren Immobilien besonders groß, wohingegen Gewerbeimmobilien und kleinere Gebäude bessere Grundlagen hatten. Auffällig war, dass zertifizierte Gebäude ihre Konformität häufiger nachweisen konnten, also besser auf die Anforderungen der Taxonomie vorbereitet sind. Die Aufwände zur Bearbeitung des Assessments variierte stark zwischen zwei und 25 Stunden pro Projekt. Auch hier hatten zertifizierte Gebäude Vorteile gegenüber nicht-zertifizierten. Diese verfügen somit auch prozessual über eine bessere Grundlage zur für die Taxonomie erforderlichen Dokumentation.

"Die Studie zeigt, dass die Branche das Thema Transparenz zu lange vernachlässigt hat", sagt Lemaitre. "Denn mit einer Zertifizierung erfassen wir Informationen, die ohnehin da sein sollten und wichtig zur Bewertung der Nachhaltigkeitsqualität sind. Insofern ist dieses Ergebnis der Studie eine gute Nachricht für all diejenigen, die sich schon länger mit der Zertifizierung beschäftigen. Sie haben einen Vorsprung, den andere erst aufholen müssen."

EU-Kommission muss bei einzelnen Kriterien-Anforderungen nachschärfen

Die Studie hat gezeigt, dass die aktuellen Taxonomie-Kriterien eine gute Grundlage bieten, es aber noch einiges zu tun gibt, um die Anwendbarkeit und Marktfähigkeit sicherzustellen. Zahlreiche Fragen konnten schlichtweg noch nicht bearbeitet werden. "Wenn selbst motivierte Teilnehmer mit Projekten, die bereits umfangreiche Nachhaltigkeitsanforderungen berücksichtigt haben, Schwierigkeiten bei der Bearbeitung und Nachweisführung haben, belegt das, dass es noch Bedarf gibt, die Kriterien weiterzuentwickeln", erklärt Lemaitre. "Die EU hat hier eine außerordentliche Verantwortung, klare Leitlinien zu formulieren. Die grundsätzliche Machbarkeit muss sichergestellt sein, und das Ganze sollte möglichst handhabbar gestaltet sein, um unnötige Bearbeitungsaufwände zu vermeiden", so Lemaitre.

Konkrete Empfehlungen an die EU-Kommission zur Nachbesserung der Formulierungen pro Kriterium wurden bereits im Dezember auf Basis der ersten Studienauswertungen an die zuständigen Gremien und Personen übermittelt. Eine darüber hinaus gehende Empfehlung ist, etablierte Zertifizierungssysteme als Nachweisinstrumente anzuerkennen, um Synergieeffekte zu nutzen und unnötige Mehraufwände zu vermeiden.

Transformationspotenzial der Taxonomie nicht ausgeschöpft

Letztlich zeigt die Studie, dass die Taxonomie-Kriterien in der aktuellen Fassung nur von Projekten vollständig erreicht werden, die bereits über eine außerordentliche Nachhaltigkeitsqualität verfügen. Einerseits ist es bei der Dringlichkeit der Themen "Klimaschutz" und "Klimaanpassung" richtig, ambitionierte Anforderungen zu formulieren. Sind diese aber zu ambitioniert, vergibt die EU-Kommission nach Auffassung der DGNB die große Chance, mit der Taxonomie das vorhandene Transformationspotenzial in der Immobilienwirtschaft auszuschöpfen. "Wenn der Eindruck entsteht, dass sich die Anforderungen ohnehin nicht erfüllen lassen, fehlt auch die Motivation, sich überhaupt auf den Weg zu machen, um es zu schaffen", so Lemaitre. "Wenn es gelänge, ein breiteres Spektrum an Projekten mitzunehmen, hätten wir ein deutlich größeres Potenzial, über diesen Weg eine weitreichende Veränderung anzustoßen."

Was sich Banken wünschen

Alexander Piur, von ING Wholesale Banking Real Estate Finance, kommentiert seine Mitarbeit an der Studie: "Immobilienfinanzierer sind einer der wichtigsten Beschleuniger der Transformation hin zu einer Net-Zero-Carbon-Immobilienbranche. Aber wenn es um Daten geht, sind die Banken in diesem Prozess am empfangenden Ende. Um die Kreditvergabe in die richtige 'nachhaltige' Richtung zu lenken und 'Green Washing' zu vermeiden, sind abgestimmte, akzeptierte und kommunizierte Benchmarks unter allen Akteuren der Wertschöpfungskette entscheidend. Die EU-Taxonomie ist die nächste Stufe der Standardisierung und Transparenz und wird auch die Entwicklung neuer nachhaltigkeitsbezogener Finanzprodukte anstoßen. Allerdings ist das Rahmenwerk recht komplex und datenintensiv, was zu einem meiner Hauptanliegen führt: der Akzeptanz der Taxonomie in der Immobilienbranche. Durch die Teilnahme an der Studie sind meine wichtigsten Erkenntnisse für den Erfolg der EU-Taxonomie: klare Definitionen und Benchmarks, einfache Zugänglichkeit der Daten und schließlich die richtige Unterstützung und Schulungen, wie sie durch die gemeinsame Arbeit der Studiengruppe veranschaulicht wurden."

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