Bauen mit Stroh
Am Samstag trafen sich Interessierte und Expert*innen des deutschen Strohbaus zum Strohbautag in Lüneburg.
Landwirtschaftliche Kleinballen aus gepresstem Stroh werden inzwischen immer mehr zum Bauen verwendet. Sie kommen als Gebäudedämmung zum Einsatz, meistens in den Außenwänden, aber auch in Dach und Bodenplatte. "Strohbau schützt das Klima dreifach", so die Schirmherrin des Strohbautages, Lüneburgs Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch. "Im Wachstum entzieht Stroh der Atmosphäre CO2. Die Herstellung der Strohballen ist klimafreundlich. Und als hervorragender Dämmstoff hilft Stroh dabei, Heizenergie zu sparen."
Der Strohballenbau vor dem Durchbruch
Heute sei ein besonderer Feiertag, betonte Moderatorin Wiebke Lohmann-Kaesberg zur Eröffnung des Strohbautages. Denn die Strohbauweise sei schon lange marktreif, aber aktuell ginge der mehrgeschossige Strohballenbau in die nächste Ebene. Zwei mehrgeschossige Strohbauprojekte wurden in Lüneburg bereits realisiert: der "Speicherbogen" und das "Querbeet". In anderen Ländern gehen der Strohbau noch viel weiter: In Frankreich realisiert ASP Architecture einen 11 geschossigen Strohballenbau als Sozialwohnungsbau. Auch die Sorgen bezüglich Schall- und Brandschutz konnten beim Strohbautag ausgeräumt werden: "Der Strohballenbau kommt heute gut durch den Genehmigungsprozess", so Brandschutzexperte Prof. Dr.-Ing. Dirk Kruse. Beim Projekt "Querbeet" wurde zudem ein komfortabel ausreichender Schallschutz ezielt, erklärte Akustiker Dipl. Ing. Michael Oehlerking.
Fachkräftemangel ist kein Problem
Beim Strohballenbau ist es bisher üblich, dass Expert*innen, Interessierte, und auch die Bauherrschaft selbst auf der Baustelle anpacken und Strohballen in die Gefache einbauen. Beim Projekt "Querbeet" in Lüneburg beispielsweise kamen Menschen von nah und fern zum Stroheinbau zusammen. Jeden Montag gab es neue Teams, rund 80 verschiedene Menschen haben zusammen die 3200 m² Außenwände mit 700 m³ Strohballen gefüllt. Die Bauherrengruppe blickt gerne auf diese Zeit zurück: "Wir hatten das Gefühl, wirklich mitwirken zu können." Ein Problem mit dem Fachkräftemangel hat der Strohbau nicht: "Meine Erfahrung ist, dass die Fachleute sich darum reißen, sinnvolle Tätigkeiten zu tun", so Strohballenbau-Fortbilder Michael Burchert. Langfristig wünscht sich Querbeet-Architekt Dirk Scharmer aber, dass sich das Strohbaugewerk zu Firmen zusammenschließt und den Planenden so viel von der Koordinationssarbeit abnimmt.
Stroh für die Sanierung
Der Standard-Strohballenbau ist bisher das neu gebaute Einfamilienhaus. Das müsse sich ändern, sagte Prof. Adrian Nägel von Architects for Future. Der Neubau sei viel zu ressourcenintensiv. In Zukunft werde es darauf ankommen, den Bestand zu erhalten und energetisch zu sanieren - am besten mit Strohballen, die schnell wachsen und CO2 binden. In Sachen Sanierung mit Stroh tut sich auch schon einiges: Die Schelfbauhütte verankert bei Sanierungen Strohballen mit einem selbst entwickelten "Strohanker" an der Bestandsaußenwand. Und in Obernhausen saniert das Architekturbüro "bau|gestalt" sechs Schulen mit vorgefertigten Strohbauteilen als Vorhangfassaden.
Lasttragendes Bauen mit Stroh
Verbreitet ist in Deutschland bisher die ausfachende Strohballenbauweise. Dabei trägt ein Holzständerwerk die Lasten und die Strohballen werden als nicht tragende Dämmung in die Gefache eingebaut. Der lasttragende Strohballenbau braucht bisher noch eine aufwändige Genehmigung im Einzelfall. Beim lasttragenden Bauen werden Jumboballen mit den Maßen von ca. 1,20 m x 0,90 m wie Mauersteine aufeinander geschichtet, und tragen die Lasten ohne Holztragwerk. Damit Genehmigungen hierfür in Zukunft einfacher erreicht werden können, wird aktuell insbesondere zum Lastabtrag dieser Strohballenwände geforscht. Mehr Infos zum aktuellen Stand der lasttragenden Strohbauweise wird es am 11. und 12. September bei den Weimarer StrohBallenBauTagen geben.