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23. Oktober 2024, 13:00 - 13:45 Uhr
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Von und über natureplus

Baustofflieferketten: Lösungsansätze für neue Herausforderungen

Auf der natureplus Fachkonferenz RE.THINK BUILDING 2023 diskutierten Expertinnen gemeinsam mit Vertretern der Baubranche zu transparenten und sicheren Lieferketten und lieferten Hilfestellungen für die unternehmerischen Sorgfalts- und Nachweispflichten. Materialbeispiele zeigten Potentiale für regional und nachhaltig produzierte Produkte auf.

July 14, 2023

Da kommt was auf die (Baustoff-)Industrie zu: Die europäischen und deutschen Regeln und Gesetze zur Transparenz und Sicherheit von Lieferketten werden in den kommenden Jahren ganz neue Anforderungen an die Akteure stellen, hinsichtlich sozialer und ökologischer Standards und deren Dokumentation. „Neben der EU-Taxonomie, mit ihren Vorgaben für nachhaltige Investitionen, ist die europäische Lieferkettenrichtlinie mit dem vollen Titel Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) zu beachten“, wie Louise Simon, Analystin im Brüsseler Büro von Climate & Company eindrucksvoll darlegte. Zunächst sind große Unternehmen betroffen (> 40 Mio. € Umsatz, > 500 Mitarbeitende). Die nächste Stufe betrifft ab 2026 auch kleinere Unternehmen (> 250 Mitarbeitende). Wichtig: Für nicht europäische Vorlieferanten gelten ebenfalls strenge Dokumentationspflichten. Bis Mitte 2024 werden mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zudem sektorübergreifende sowie sektorspezifische EU-Berichtsstandards eingeführt und die Verifizierung durch Dritte verpflichtend. Es sei dringend erforderlich bereits jetzt mit der Datenbeschaffung zu beginnen, betonte Louise Simon. Das am 1.1.2023 in Kraft getretene deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz enthält sehr ähnliche Vorgaben. Betroffen sind zunächst Unternehmen ab 1.000 Mitarbeitenden. Die konkreten Auswirkungen des Gesetzes auf die Baubranche seien aktuell allerdings noch nicht klar erkennbar, so Simon bei der natureplus Fachkonferenz im Eventzentrum der Experten für die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle Moll pro clima in Schwetzingen.


Baustoffwissen in der Ausbildung von Planenden


Wie das Wissen um die Eigenschaften von kreislauffähigen und wiederverwendbaren Baustoffen bei angehenden Architektinnen und Architekten intensiviert werden kann, zeigte Kim Ha Tran von der RWTH Aachen. Mehrere Forschungsprojekte, wie z.B. ReNeReb befassen sich mit deren ökologischen Eigenschaften, der Klimawirkung und der regionalen Verfügbarkeit. Weiterführendes Baustoffwissen hierzu kompakt aufbereitet bieten die natureplus Late Lunch Sessions.


Tragender Stampflehm, Ziegelrecycling, Entwicklungen bei Putzen und Farben aus Kalk


Gleich drei Projekte zeigten, welche spannenden Möglichkeiten sich beim Blick über den Tellerrand für die Verwendung naturnaher Baustoffe ergeben: Vor Ort verfügbarer Lehm wird im Freilichtmuseum Detmold des Landschaftsverbands Westfalen Lippe zu tragenden Wänden verarbeitet, berichtete Architekt Simon Waigand, Assoziierter Partner bei ACMS Architekten GmbH in Wuppertal. Denkbar kurze Lieferwege, hervorragende bauphysikalische Eigenschaften und extrem geringe Treibhausgasemissionen prägen das Projekt, bei dem auch sehr viel Grundlagenforschung und -entwicklung betrieben wird. Um den hohen Anteil manueller Arbeitskraft zu reduzieren, wird zum Beispiel über Verarbeitungsroboter nachgedacht.


Der Ziegelhersteller Leipfinger-Bader nutzt den bei der Herstellung von Hintermauerziegeln entstehenden Staub durch Hinzufügen eines hydraulischen Bindemittels zur Herstellung eines massiven Kaltziegels, der aktuell im Schallschutz und als Sichtelement zum Einsatz kommen kann.


Baumit, Hauptpartner der Veranstaltung, zeigte, dass nachhaltig gewonnene und produzierte Baumaterialen Vorteile über das Lieferkettenthema hinaus bieten, und machte das Beispiel der Wohngesundheit und seiner gesundheitlich geprüften Kalkprodukte konkret. So reduziert die Kalkfarbe Ionit 90 % der Aerosole in der Innenraumluft und der einlagige Kalkputz Klimamonofilz mit CMP härtet um 70% schneller aus, bei gleichzeitig hoher Elastizität.


Abschluss Forschungsprojekt „Nachhaltigkeit Lieferkette Bau“


Mit dem Thema Lieferketten war die RE.THINK BUILDING dieses Jahr auch gleichzeitig Abschlusskonferenz des natureplus Forschungsprojektes „Nachhaltigkeit Lieferkette Bau“. Felix Konrad, Geschäftsführer der natureplus Institute SCE, berichtete über die Ergebnisse des Projektes, das im Rahmen der ZUKUNFT BAU - Forschungsförderung des Bundesbauministeriums realisiert wurde.

Unter Beteiligung von rund 50 zivilgesellschaftlichen, öffentlichen oder privaten Institutionen wurden in mehreren Online-Workshops verschiedene Aspekte transparenter Lieferketten analysiert. Anhand der Workshopergebnisse wurde ein Konzept für ein Transparenztool zur Lieferkettenbewertung entwickelt und auf der RE.THINK BUILDING 2023 vorgestellt. Wiederum in Workshops gaben die Teilnehmenden anschließend anhand ihrer Erfahrungen wichtiges Feedback und Anregungen für die Konzepfinalisierung. Es soll sich bei der Datenbank um eine staatlich betriebene und dem Top-down Ansatz folgende Deklarationsplattform handeln, die für alle Akteure der Baubranche sowie für Endverbrauchende frei zugänglich ist. Eine Verifizierung der Herstellerdaten anhand von Zertifikaten unabhängiger Dritter könnte die Transparenz- und Risikobewertung des Baustoffs verbessern. Zum Schutz wichtiger betrieblicher Informationen ist ein Drei-Ebenen-Konzept vorgesehen, das unterschiedliche Detailtiefen für die jeweiligen Akteure (Hersteller, Verifizierer, Öffentlichkeit) vorsieht. Das Transparenztool-Konzept wird mit Projektende am 31.10.2023 finalisiert. Es bietet eine Grundlage, für die Entwicklung einer Lieferkettendatenbank „transbau.dat“, analog zur Ökobilanzdatenbank ökobau.dat.


Gelungene natureplus Fachkonferenz

Wie jedes Jahr versammelten sich natureplus Mitglieder, Freunde und Interessierte aus der Baubranche im Anschluss an die natureplus Jahreshauptversammlung zur Fachkonferenz RE.THINK BUILDING – dieses Jahr unter dem Titel „Mit zirkulären und regionalen Baustoffen zu sicheren und transparenten Lieferketten“. Neben den fachlich hochinteressanten Vorträgen und Diskussionen wurde die Zeit zum regen Austausch und Netzwerken genutzt. An der international und teils in englischer Sprache ausgerichteten Veranstaltung nahmen Akteur*innen und Mitglieder aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Großbritannien, Italien und Österreich teil. Auch die Materialschau war gut besucht und bot Möglichkeiten für tiefergehende Gespräche. Ausgetragen wurde das Event in Kooperation mit Fundermax GmbH, best wood SCHNEIDER GmbH, Gutex GmbH und dem Hauptpartner Baumit GmbH.

Inhaltlich ausgefüllt wurde das Programm von Expert*innen aus Forschung, Beratung und Baubranche:

Louise Simon, Analyst, Climate & Company, Brüssel

„How upcoming EU legislation on supply chains will impact the construction sector, and how to be prepared”

Kim Ha Tran, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin bei der Juniorprofessur Rezykliergerechtes Bauen an der RWTH Aachen

„Lieferketten und regionale Rohstoffgewinnung: Verfügbarkeit, Transparenz und Datenbanken lokaler und kreislauffähiger Baumaterialien“

Simon Waigand, M. Sc. Architekt, DGNB Consultant, Assoziierter Partner bei ACMS Architekten GmbH in Wuppertal

„Tragende Stampflehmwände: Projekt neues Ausstellungsgebäude im LWL-Freilichtmuseum Detmold“

Dr.-Ing. Matthias Heigl, Forschung und Entwicklung bei Leipfinger-Bader GmbH

„Recycling und Wiederverwendung von Ziegeln: Potentiale für ressourcen- und klimaschonende Lieferketten“

Heiko Hellmann, Gebietsverkaufsleiter Baumit GmbH

„Nachhaltige Ressourcengewinnung für schadstofffreie mineralische Putze und Farben“

Felix Konrad, Geschäftsführender Vorstand des natureplus Institute SCE mbH

Vorstellung der Ergebnisse des Forschungsprojekts „Nachhaltigkeit Lieferkette Bau“ und Konzeptvorstellung eines top-down Transparenztools für nachhaltige Lieferketten


Weiterführende Links:            
Forschungsprojekt Nachhaltigkeit Lieferkette Bau

Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte zur Gestaltung umweltschonender und sozialverträglicher Lieferketten

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