Lehmziegel. Foto © Ute Muñoz-Czerny

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Clay to stay

Ein Forschungsprojekt unter der Leitung des IBO (Österreich) dient der Ausweitung der Lehmanwendung im Bausektor durch den Aufbau eines Prüfnetzwerks.

October 19, 2021

Das Bauwesen ist neben dem Verkehr einer der ressourcen- und energieintensivsten Wirtschaftszweige. Gewinnung, Produktion und Transport von Baumaterialien gehören zu den bedeutendsten Emittenten von CO2, auch die Entsorgung ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Europaweit gibt es Initiativen zum kontrollierten Rückbau von Gebäuden, innerhalb derer Materialien aus dem Baubereich recycelt werden. Diese Vorhaben sind gut und wichtig, oftmals allerdings können die zur Wiederverwendung gelangenden Materialien potentiell schädliche Zusatzstoffe enthalten, die gesundheitliche Risiken bergen und das Recyclingpotenzial begrenzen. Dem gegenüber steht ein Material, das mehrere Vorteile in sich vereint: Lehm ist fast überall vorhanden, bedarf keiner gesundheitsbeeinträchtigenden Zusatzstoffe und ist bedenkenlos in den Naturkreislauf rückführbar. Das Material ist vor Ort verfügbar, verwertbar und entsorgbar. 

Aufgrund seiner unterschiedlichen Ausgangsmaterialien, Entstehungsform und Zusammensetzung weist Lehm unterschiedliche Eigenschaften und Eignungen auf, die einer Aufbereitung im Werk bedürfen, um den AnwenderInnen eine zugesicherte Qualität bieten zu können. Das führt dazu, dass eine der herausragendsten Eigenschaften des Lehms, nämlich dessen regionale Verfügbarkeit, durch den Einsatz von fallweise weit antransportiertem Lehm nicht zum Tragen kommt. Die Anwendung von Ortlehm – also auf der Baustelle anfallendem Lehm – ist mit großen Unsicherheiten, was die Qualität und Anwendungsmöglichkeiten betrifft, verbunden. Inadäquat eingesetzte Baustoffe führen möglicherweise zu Bauschäden und in Folge zu einer Imageverschlechterung von Materialien. 

Ziele des Forschungsprojektes

Lehm kann unter der Voraussetzung der richtigen Verarbeitung und Anwendung von großem ökologischen und gesundheitlichen Vorteil sein. Dafür bedarf es jedoch umfangreicher Kenntnisse der notwendigen Beschaffenheit für das jeweilige Einsatzfeld. Ziel des Forschungsprojektes "Clay to stay" ist die Ausweitung der Lehm-Anwendung im Baubereich. Zu diesem Forschungsprojekt haben sich unter Federführung des österreichischen natureplus-Partners IBO - Österreichisches Institut für Baubiologie und -ökologie, die KMU Forschung Austria, das Bautechnische Institut und das AEE INTEC - Institut für Nachhaltige Technologien mit verschiedenen Subauftragnehmern aus der Praxis zusammengeschlossen.

Projektleiterin Ute Muñoz-Czerny vom IBO will das Bauen mit Lehm wieder salonfähig machen: Es findet eine Markterhebung durch die KMFA sowohl bei lehmverarbeitenden Betrieben als auch bei PlanerInnen und Bauträgern statt, um zu erheben, wie lehmverarbeitende KMU unterstützt werden können, um ihren Marktanteil zu erhöhen und welche Voraussetzungen für den Einsatz von Lehm im großvolumigen Wohnbau erfüllt sein müssen. Der oftmals bestehende Gap zwischen Forschung und Anwendung soll durch den Kontakt zwischen Forschungsunternehmen und KMU im Rahmen der Befragungen geschlossen werden. 

Besondere Bedeutung kommt der Verwendung vor Ort vorhandener Lehmvorkommen zu. "Das Fachwissen zur Aufbereitung dieses Ortlehms für die verschiedenen Anwendungsbereiche ist leider verloren gegangen", beklagt Muñoz-Czerny. Deshalb werden niederschwellige Prüfverfahren zur Untersuchung von Ortlehm zur Feststellung von dessen Eignung für die unterschiedlichen Anwendungsfälle entwickelt sowie mikroskopische Analysen zur Bestimmung der Tonmineralogie durchgeführt. Durch die fachgerechte Aufbereitung können Faktoren wie Druckfestigkeit sowie Wasseraufnahme- oder Abriebfähigkeit des regional verfügbaren Lehms für den jeweiligen Verwendungszweck optimiert werden. „Voraussetzung ist jedoch eine genaue Analyse des Ausgangsmaterials“, erklärt Muñoz-Czerny. „Daher werden im Rahmen des Projekts unter anderem Kriterien für eine Bewertung von Lehm sowie, darauf aufbauend, eine standardisierte Laborprüfmethodik entwickelt.“

Aber auch die allgemeinen bautechnischen Vorteile des Baustoffs werden wissenschaftlich untermauert. Durch Auswertung bereits durchgeführter Studien, in deren Rahmen Raumluftqualität und BewohnerInnengesundheit in Wohngebäuden unterschiedlicher Bauweise erhoben wurden, können Rückschlüsse auf die gesundheitlichen Auswirkungen von Lehm im Innenraum gezogen werden. Stationäre hygrisch-thermische Gebäudesimulationen führen zu Aussagen über die Dauerhaftigkeit der Konstruktion und die Vermeidung von Bauschäden mit gesundheitlichen Auswirkungen (Schimmelwachstum in und an der Konstruktion). Darüber hinaus wird auf Raumebene das Potential der Feuchtepufferung von Lehmbaukonstruktionen ausgelotet, was von essentieller Bedeutung für Raumklima und thermischen Komfort ist. In den beiden baugleichen Räumen der Fassadenbox der AEE INTEC werden sowohl eine Lehmwand als auch eine konventionelle Gipskartonwand integriert, kontrolliert Schadstoffe sowie Feuchtigkeit eingebracht und anschließend Raumluftmessungen durchgeführt. Ziel der Messungen unterschiedlicher Raumluftparameter ist die quantitative Beurteilung des Absorptionsvermögens des Lehms hinsichtlich Schadstoffen und Feuchtigkeit. Zusätzlich werden die effektive Speichermasse bestimmt und die Behaglichkeit in den Testräumen qualitativ beurteilt.

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