Folgen des Klimawandels, UBA-Grafik 2019

Bauszene

Klimafolgenanpassung in den Kommunen

Unter dem Titel "Herausforderung – Anpassung an den Klimawandel" diskutierte der VDI im Rahmen der Berliner Energietage 2023 mögliche Strategien und Maßnahmen in Städten und Gemeinden.

May 8, 2023

Die sommerlichen Hitzewellen der vergangenen Jahre, Trockenheit und Dürre, die die Landwirtschaft vor größte Herausforderungen stellen, Starkregenereignisse und katastrophale Überschwemmungen wie 2021 im Ahrtal – die Auswirkungen der Klimakrise sind unübersehbar und betreffen immer mehr Menschen direkt und unmittelbar. Umso wichtiger ist es, dass sich die Gesellschaft an die Folgen des Klimawandels anpasst. Selbst bei Erfüllung des 1,5-Grad-Ziels durch erfolgreiche Klimaschutzmaßnahmen werden wir uns mit einer Reihe von Extremwetterereignissen auseinandersetzen müssen, die ein Umdenken auf politischer und gesellschaftlicher Ebene zwingend erfordern. "Die Klimaanpassung bildet daher neben dem Klimaschutz die zweite wichtige Säule der Klimapolitik. Sie ist eine dringend notwendige Ergänzung, auch wenn der Klimaschutz weiterhin oberste Priorität hat", argumentierte der Verein Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) auf seiner Veranstaltung am 3.5. im Rahmen der Berliner Energietage.

Besonders urbane Strukturen sind von den Folgen des Klimawandels betroffen, hieß es da. Schon heute leben in Deutschland 74 % der Menschen in Städten. Daher sind hierzulande bereits heute unterschiedlichste Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel nötig. Zwei dieser Maßnahmenbereiche – „Klimaangepasste urbane Strukturen“ sowie „Direkte Auswirkungen des Klimawandels auf den Menschen und wie sie abgemildert werden können“ - standen auf der VDI-Veranstaltung „Anpassung an den Klimawandel“ besonders im Fokus. Zunächst allerdings machte VDI-Direktor Dieter Westerkamp die Verantwortung seines Verbandes in dieser Thematik deutlich: Ingenieurinnen und Ingenieure könnten und sollten durch die Bereitstellung von technischen Lösungen und Innovationen einen wesentlichen Beitrag zur Klimafolgenanpassung leisten.

Klimaanpassungsgesetz

Ausführungen zum aktuellen Stand des Klimaanpassungsgesetzes der Bundesregierung sowie einen Bericht zum Stand des Prozesses zur Erarbeitung messbarer Ziele in der Deutschen Anpassungsstrategie lieferte Lutz Töpfer, Referatsleiter im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV). Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Klimaanpassungsgesetz solle einen Rahmen schaffen, um gemeinsam mit den Ländern eine nationale Strategie mit den Handlungsfeldern Hitzevorsorge, Wasserinfrastruktur sowie Gesundheits- und Allergieprävention umzusetzen und mit einem Sofortprogramm auf den Weg zu bringen. Dieses Gesetz mit den Kernelementen Klimavorsorge, Berücksichtigungsgebot, Verschlechterungsverbot und Versiegelungsminimierung sowie der Stärkung der Klimaanpassung vor Ort in den Kommunen befinde sich derzeit in der Ressortabstimmung und der Verbändeanhörung. In 7 Clustern (Wasser, Infrastruktur, Landnutzung, Gesundheit, Wirtschaft, Raumplanung, Stadtentwicklung, Bevölkerungsschutz und Übergreifendes) sollen jeweils 3-5 messbare und terminierte Ziele mit Indikatoren sowie jeweils 2-3 wirksamen Instrumenten und Maßnahmen definiert werden. Der Beteiligungsprozess mit Bürger*innen und Stakeholder*innen sei nun gestartet. (siehe Link unten)

Klimawandel und Gesundheit

Zum Thema "Was bedeutet der Klimawandel für die menschliche Gesundheit?" referierte Dr. Hans-Guido Mücke vom Umweltbundesamt (UBA). Direkte Effekte des Klimawandels mit häufigerer Hitze, Stürmen und Überschwemmungen auf die Gesundheit wie Herzkreislauferkrankungen, Allergien und Atemwegserkrankungen sowie posttraumatische Belastungsstörungen stehen neben indirekten Auswirkungen wie einer Ausbreitung tropischer Stechmücken- und Zeckenarten, die wiederum als Überträger von Erkrankungen bekannt sind. Zwischen 1980 und 2018 sind nach einer Erhebung des Rückversicherers MunichRE in Europa über 150.000 Menschen an Klimawandelfolgen gestorben, allein im Sommer 2003 gab es in Deutschland 9.000 hitzebedingte Todesfälle. Dabei hat die Zahl der "heißen Tage" mit Temperaturen über 30 °C in den letzten beiden Dekaden enorm zugenommen von 3-5 im langjährigen Mittel auf 45 bis 60 und die betroffenen Gebiete haben sich vom traditionell warmen Oberrheingraben bis tief in die nord- und ostdeutsche Ebene ausgebreitet. Das Umweltministerium hat deshalb die Erarbeitung von Hitzeschutzplänen auf kommunaler und regionaler Ebene gefördert, demnächst soll eine Analyse dieser Hitzeaktionspläne und weiterer Anpassungsmaßnahmen an Hitzeextreme in Deutschland vom UBA veröffentlicht werden.

Klimaangepasste urbane Strukturen

Ideen und Beispiele für "Klimaangepasste urbane Strukturen" brachte Prof. Wilhelm Kuttler von der Uni Duisburg-Essen zur Sprache. Hier ging es vor allem um einen Rückbau der Versiegelung und eine Begrünung von Gebäuden und Flächen, eine Aufhellung von Oberflächen (Albedo-Effekt) und die Vermeidung von Reflexionen. Wichtig waren ihm auch die Schaffung von Wasserflächen in der Stadt und die Gewährleistung der Bewässerung von Grünflächen, die ihre Funktion verlieren, wenn sie trocken fallen. Auch müsste unbedingt dafür gesorgt werden, dass die Luftleitbahnen erhalten bleiben, die Kaltluft aus dem Umland in die Städte transportieren. Besonders eindrucksvoll waren seine Berechnungen zur klimabeeinflussenden Wirkung von Bäumen. So bleiben kleinblättrige Bäume kühler als solche mit großen Blättern und Parkbäume, die sich mehr ausbreiten können, sind kühler als Straßenbäume. So wirft eine 70jährige Linde, wenn sie sich frei entfalten kann, einen 200 qm großen Schatten und erzeugt dadurch am (Sonnen-)Tag eine Kühlungsenergie von 480 kWh.

In der anschließenden Podiumsdiskussion zum Thema "Was kann Technik leisten?" waren sich die Referenten Dr. Mücke und Prof Kuttler unter der Moderation von VDI-Direktor Westerkamp mit den Bundestagsabgeordneten Bernhard Herrmann (Bündnis 90/Die Grünen) und Ralph Lenkert, umweltpolitischer Sprecher der Linksfraktion, am virtuellen Tisch einig, dass die Umsetzung der Klimaschutzpläne nun endlich von einzelnen Pilotprojekten in die Breite gehen muss und dass Stadtplanung und Stadtentwicklung nun sehr viel stärker von Überlegungen zur Klimafolgenanpassung geleitet werden müsste. Hierzu müssten die Kommunen durch entsprechende Fördermaßnahmen in die Lage versetzt werden.

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