Nachhaltige Plattenwerkstoffe

Plattenwerkstoffe finden eine breite Anwendung, etwa bei Wand- und Deckenverkleidungen sowie Fußböden, und zeichnen sich durch ihre Vielseitigkeit und einfache Verarbeitung aus. Diese Eigenschaften ermöglichen effiziente und zeitsparende Bauprozesse und tragen wesentlich zur weitverbreiteten Nutzung dieser Materialien bei. Die am häufigsten verwendeten Materialien, wie etwa Gipskartonplatten bringen jedoch erhebliche ökologische Herausforderungen mit sich. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Platten ist oft REA-Gips, ein Nebenprodukt der Rauchgasentschwefelung in Kohlekraftwerken. Aktuell wird etwa die Hälfte des Gipsbedarfs in Deutschland durch REA-Gips gedeckt. Doch mit dem geplanten Ende der Kohleverstromung bis 2038 entfällt diese Ressource als Rohstoffquelle. Dies könnte dazu führen, dass der Abbau von Naturgips erheblich ausgeweitet wird, was mit schwerwiegenden Umweltschäden einhergeht, etwa durch großflächige Eingriffe in Landschaften und Ökosysteme. Hinzu kommen gesundheitliche Aspekte: Für manche herkömmlichen Platten, z.B. aus Holzwerkstoffen kommen Bindemittel zum Einsatz, die zum Beispiel Formaldehyd enthalten und umweltbelastend sind sowie die Raumluft belasten können. Auch chemische Imprägnierungen zur Verbesserung von Feuchte- und Brandschutz stellen ein Risiko dar. Angesichts dieser Herausforderungen ist ein Umdenken hin zu nachhaltigen Alternativen dringend notwendig. Im Folgenden werden Lösungen vorgestellt, die der Bauindustrie ermöglichen, ressourcenschonender und klimafreundlicher zu agieren.

Lehmbauplatten

Lehmbauplatten sind vielseitig einsetzbar und bieten eine nachhaltige Alternative für den Trockenbau. Sie eignen sich ideal für die Beplankung von Innenwänden, Holzständerwerken, Deckenverkleidungen sowie für den gesamten Dachgeschossausbau. Auch bei der Verbesserung des sommerlichen Hitzeschutzes leisten sie einen wertvollen Beitrag. Zusätzlich lassen sie sich als Trockenputzplatten, Vorsatzschalen oder Installationswände nutzen und können sowohl im Neubau als auch bei der Renovierung eingesetzt werden. Ein Vorteil von Lehmbauplatten ist außerdem ihr hohes Feuchteausgleichspotenzial. Durch ihre natürliche Sorptionsfähigkeit regulieren sie die Luftfeuchtigkeit und schaffen ein ausgeglichenes Raumklima. Zudem können sie Luftschadstoffe und Gerüche aufnehmen und neutralisieren. Die Platten sind gemäß Brandschutzklasse A1 als nicht entflammbar klassifiziert. Die Trocknung der Lehmbauplatten kann durch den Einsatz von Solarenergie CO2-neutral gestaltet werden. Lehmbauplatten bestehen je nach Hersteller aus natürlichen Materialien wie Baulehm, Ton, Hanf, Schilfrohr, Holzfasern und Jute- oder Glasfasergeweben und sind in unterschiedlichen Stärken erhältlich. Mit der Verwendung von Lehmbauplatten entfällt der Aufwand für Unterputzschichten und zusätzliche Trocknungszeiten und die Feinputzschicht kann direkt aufgetragen werden. Ein weiterer Ansatz sind Lehmkartonplatten, die speziell für den Trockenbau entwickelt wurden. Diese Platten kombinieren die Vorteile von Lehm mit einer einfachen Verarbeitung: Sie werden, wie herkömmliche Trockenbauplatten auf Ständerwerken aus Holz oder Metall montiert und mit einer Fugenmasse aus Lehm verspachtelt. Ihre Produktion erfolgt CO2-neutral und unter Nutzung nachhaltiger Energien. Sie sind außerdem vollständig recyclebar und kompostierbar.

Strohbauplatten

Strohbauplatten werden aus Getreidestroh hergestellt, das unter hohem Druck zusammengepresst wird. Als Bindemittel dient dabei das stroheigene Lignin. Eine Ummantelung mit Recyclingkarton verleiht den Platten zusätzliche Stabilität, die Verbindung von Stroh und Karton erfolgt dabei durch formaldehydfreien Leim. Die Platten bieten außerdem einen hohen Schallschutz und können das Raumklima durch ihre Fähigkeit, Feuchtigkeit vorübergehend aufzunehmen, verbessern. Das Brandverhalten der Platten entspricht der Einstufung der Baustoffklasse B2. Laut Angaben der Hersteller verkohlt die Oberfläche bei direkter Beflammung und die Ausbreitung des Feuers wird durch den hohen Widerstand der Platten erheblich gehemmt. Dieser Effekt resultiert aus der starken Verdichtung des komprimierten Strohs, die den Sauerstoffzugang für das Feuer deutlich einschränkt. Da Stroh ein schnell nachwachsender Rohstoff ist, als Nebenprodukt aus der Landwirtschaft anfällt und die Platten vollständig recyclingfähig sind, sind sie eine ökologische Alternative zu den herkömmlichen Trockenbauplatten. Mit einer doppelten Beplankung können selbsttragende Trennwände ohne zusätzliche Tragkonstruktionen gebaut werden. Zur Oberflächengestaltung können unterschiedliche Putzarten verwendet werden, wie sie auch bei herkömmlichen Gipskartonplatten üblich sind.

Hanfbauplatten

Hanfbauplatten bestehen aus Hanfschäben, einem jährlich nachwachsenden Rohstoff, der mit natürlichen Mineralien angereichert wird. Die Platten sind CO2-neutral, vollständig recyclebar und diffusionsoffen, was sie zu einer nachhaltigen Wahl für moderne Bauprojekte macht. Ihre hohe Sorptionsfähigkeit ermöglicht eine Regulierung der Luftfeuchtigkeit, während sie gleichzeitig eine effiziente Wärmedämmung und Schalldämmung bieten. Zudem sind sie schimmelresistent und als schwer entflammbar klassifiziert. Diese vielseitigen Eigenschaften machen Hanfbauplatten ideal für den Einsatz bei Innenwänden, Decken, Dachgeschossausbauten sowie für die Sanierung und Prävention in feuchteanfälligen Bereichen.

Holzfaserbauplatten & OSB- Alternative

Holzfaserbauplatten kombinieren die Funktionen von Putzträger und Wärmedämmung in einem Produkt und zeichnen sich durch ihre hohe Druckfestigkeit aus, die sie für zahlreiche Anwendungen geeignet macht. Sie kommen beispielsweise als Wärmedämmplatten in Fußbodenaufbauten oder als Putzträgerplatten im Innenbereich zum Einsatz. Aufgrund ihrer diffusionsoffenen und kapillaraktiven Eigenschaften können sie Feuchtigkeit regulieren und so zu einem ausgeglichenen Raumklima beitragen. Gleichzeitig bieten sie durch ihre thermischen Eigenschaften einen effektiven sommerlichen Hitzeschutz. Nach der Montage können die Platten mit einer dünnen Armierungsschicht versehen und abschließend mit Feinputz bearbeitet werden. Einige Hersteller kombinieren Holzfaserschichten mit wabenartigen Recyclingkartonstrukturen, um leistungsstarke Innenwandsysteme zu schaffen. Diese Platten lassen sich entweder vollflächig verkleben oder auf Unterkonstruktionen verschrauben, wodurch sie flexibel an verschiedene bauliche Anforderungen angepasst werden können.

Es gibt inzwischen außerdem Alternativen zu herkömmlichen OSB-Platten, beispielsweise Holzspanplatten, die emissionsarm und nachhaltig produziert werden. Diese Holzwerkstoffplatten bestehen zum Teil aus Recyclingholz und zeichnen sich durch ihre hohe Biege- und Querzugfestigkeit in beide Richtungen sowie ihre hervorragende Feuchtebeständigkeit aus. Die Bindung der regellos gestreuten Späne erfolgt durch eine formaldehydfreie Verleimung. Darüber hinaus sind die Platten für tragende Zwecke in Feuchtbereichen geeignet und bieten somit eine umweltfreundliche und emissionsarme Alternative zu klassischen OSB-Platten.

Pilzmyzel als Bindemittel

Ein vielversprechender Ansatz in der Entwicklung biobasierter Bauplatten ist die Verwendung von Pilzmyzel als Bindemittel für biogene Ausgangsstoffe, wie sie etwa aus Nebenprodukten oder landwirtschaftlichen Abfällen gewonnen werden. Anstelle herkömmlicher Leime dient das Myzel von Pilzen als natürliches Bindemittel, der Holzfasern und andere pflanzliche Materialien miteinander verbindet und dadurch ein vollständig biologisch abbaubares und stabiles Material schafft. Forschungen an solchen Bauplatten, insbesondere auf Holzbasis, werden unter anderem an der Professur Nachhaltiges Bauen am KIT in Karlsruhe durchgeführt. Ziel dieser Arbeiten ist es, myzelbasierte Baustoffe nicht nur für kleinere Anwendungen, sondern auch als umweltfreundliche Alternative zu etablieren. Die Möglichkeit, konventionelle beispielsweise zementgebundene Baustoffe durch myzelgebundene Lösungen zu ersetzen, bietet vielversprechende Perspektiven für eine nachhaltigere Bauweise. Platten auf Myzelbasis könnten die Baustoffindustrie revolutionieren, indem sie den Ressourcenverbrauch und die Umweltbelastung deutlich reduzieren. Diese Materialien überzeugen nicht nur durch ihre biologische Abbaubarkeit, sondern auch durch eine klimafreundliche Produktion und ihre potenzielle Vielseitigkeit im Bauwesen.

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