
Neubauziel soll überprüft werden
In einem offenen Brief an Bundesbauministerin Geywitz fordern Architects for Future zusammen mit Verbänden und zahlreichen Wissenschaftler*innen eine kritische Überprüfung des Ziels der Bundesregierung, jährlich 400.000 Wohnungen neu zu bauen.
"Zeitgemäße Sozialpolitik kann nur gemeinsam mit einer zukunftsfähigen Klimapolitik generationengerecht werden." Unter diesem Leitsatz wenden sich die Architects for Future (A4F) gemeinsam mit 7 Verbänden, darunter dem Architektenverband BDA, der Deutschen Umwelthilfe DUH und dem natureplus e.V., unterstützt von rund 30 Hochschullehrer*innen an die neue Bauministerin Klara Geywitz. Sie alle treibt die Sorge um, dass das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu bauen, zu einer erhöhten Umweltbelastung führen und dem Klimaziel zuwider laufen könnte. "Bauen, wie wir es heute betreiben, ist weder klima- noch sozialgerecht und folglich so nicht mehr zeitgemäß und zukunftsfähig", führen die Unterzeichner*innen aus, die Auswirkungen eines "Weiter-So" auf Umwelt und Klima seien "immens".
Deshalb möchten die A4F das Bauministerium "dringend ermutigen, diese Bedarfsmenge insgesamt zu überprüfen und unter sozialen und klimatechnischen Aspekten neu zu bewerten." Dabei gelte es, den Anteil an tatsächlich notwendigem Neubau zu ermitteln und Wohnraum vor allem im Bestand zu erschließen. "Die Lösung der drängendsten Fragen des Bausektors, gleich ob Wohnungsbau oder anderer Vorhaben, ist vor allem im Bestand zu finden", heißt es in dem Papier weiter. Umbau müsse dabei den Vorrang vor Neubau erhalten, Abriss weitmöglichst vermieden werden. Denn im Bestand liege "das größte Potential für die Schaffung von kurzfristig verfügbarem, bezahlbarem sowie klima- und sozialgerechtem Wohnraum und für die Bewältigung der großen Herausforderung, die notwendigen Klima- und Ressourcenziele im Bausektor zu erreichen". Dafür müsse der gesamte Lebenszyklus von Bauwerken in den Blick genommen werden.
Der Bau der dann noch erforderlichen Wohnungsneubauten müsse von Beginn an klima- und umweltgerecht, ressourcen- und flächensparend sowie kreislauffähig erfolgen. "Nachhaltiges Bauen muss das neue Normal werden!" Der Nachhaltigkeitsanspruch an Neubauten wie auch an Bestandssanierungen müsse insgesamt deutlich erhöht werden. So solle das Ministerium die Auseinandersetzung von Bauwilligen und Planer*innen mit einer ökologischen Baustoffwahl und dem nachhaltigen Bauen verstärkt fördern. Denn: "Was wir jetzt bauen, muss in den nächsten 50 Jahren die notwendigen Umwelt- und Klimaschutzanforderungen erfüllen." Das Wissen dafür sei erarbeitet und bereits in zahlreichen Beispielprojekten erprobt. Dazu bieten A4F und die Unterstützenden an, ihre unabhängige Expertise und breite Erfahrung im Nachhaltigen Bauen einzubringen, und wünschen sich einen baldigen Gesprächstermin mit dem Ministerium.