Wie kann natureplus nachhaltiger erfolgreich sein?
Mitgliederbefragung ergibt wertvolle Hinweise: Mehr Klimaschutz und Circular Economy für das Label, mehr interner Austausch und Kooperation im Verein.
Im Rahmen einer kürzlich abgeschlossenen Abschlussarbeit an der Hochschule Fresenius in Heidelberg im Fach Nachhaltigkeits-Management wurden konkrete Aktionsvorschläge entwickelt, mit denen natureplus seine Betriebsabläufe nachhaltiger ausrichten kann. Zu diesem Zweck führte die Absolventin, Nathalie Schadt, eine Mitgliederbefragung und eine Wettbewerbsanalyse durch. Ziel war es, dem Umweltzeichenanbieter natureplus e.V. Handlungsempfehlungen aufzuzeigen, die ein nachhaltigeres betriebliches Wirtschaften befördern und damit die Vertrauenswürdigkeit des Umweltzeichens insgesamt stärken.
Zufriedenheit mit dem natureplus-Label
Die Mitgliederbefragung hatte mit 34 % Beteiligung einen hohen Rücklauf und kann deshalb als repräsentativ gelten. Mitglieder aus allen 8 natureplus Sparten haben geantwortet. Rund 38 % der Antwortenden bezeichneten sich als Gründungsmitglieder, sind also schon seit fast 20 Jahren dabei. Die hohe Identifikation der Mitglieder mit natureplus zeigte sich vor allem auch in der großen Zufriedenheit mit dem natureplus Label, zwei Drittel der Befragten gaben an, das Label sei so, wie es ist, genau richtig. Aber es wurden auch Anregungen für eine Erweiterung des Labels in Bezug auf soziale Nachhaltigkeit und vor allem in Bezug auf Circular Economy gegeben. Die Kreislaufwirtschaft wird als Chance gesehen, größere Akzeptanz für natureplus zu erreichen.
Auffallend war, dass alle Mitglieder (wie auch das parallel befragte Management) dem Thema Klimaschutz die größte Bedeutung beim nachhaltigen Bauen zuwies, aber auf die Frage, wofür das Label inhaltlich steht, Klimaschutz von niemandem an erster Stelle genannt wurde. Statt dessen wurde der Gesundheitsschutz bzw. die Wohngesundheit von mehr als der Hälfte der Befragten als wichtigster Inhalt von natureplus genannt, danach folgte die Nachhaltigkeit in der Ressourcenauswahl. Hier ist also noch viel zu tun, um das Profil von natureplus zu schärfen.
Als wichtigstes Hemmnis für den Erfolg des natureplus-Labels sehen die Mitglieder die mangelnde Bekanntheit und vor allem die fehlende Unterstützung und Anforderung in Ausschreibungen seitens staatlicher Institutionen. Die Studie macht diesbezüglich einige interessante Vorschläge, die vor allem die Transparenz bei natureplus erhöhen sollen. Die Informationen auf der Homepage und in den Werbematerialien werden als unübersichtlich und schwer verständlich kritisiert.
Zufriedenheit mit der natureplus Organisation
Im zweiten Teil der Mitgliederbefragung ging es um die Zufriedenheit der Mitglieder mit der natureplus Organisation. Hier zeigte sich, dass die große Mehrheit die Arbeit der Organisation mit "gut" oder "befriedigend" bewertet, aber die Zahl der restlos Begeisterten ist noch ausbaufähig. Als besonders wichtig und wertvoll werden der fachliche Austausch und die Vermittlung von Spezialisten-Wissen angesehen. Dabei werden die Weiterbildungs-Seminare und -Webinare mit 70 % sogar noch mehr als der traditionelle jährliche Fachkongress wertgeschätzt. Gleichzeitig nimmt nur etwa die Hälfte der befragten Mitglieder diese Angebote tatsächlich regelmäßig wahr. Hier wird man sich Gedanken machen müssen, wie die Inhalte dieser Veranstaltungen noch besser auf die Bedürfnisse der Mitglieder zugeschnitten werden können.
In der aktiven Einbeziehung der Mitglieder und der Förderung der Kooperation der Mitglieder untereinander liegen hingegen derzeit noch größere Defizite. Als wichtigster Kritikpunkt wird von einigen Teilnehmern die interne Kommunikation überwiegend in deutscher Sprache hervorgehoben, die als unprofessionell und den freien Austausch und die Transparenz behindernd angesehen wird. Der Newsletter als wichtigstes Kommunikationselement ist immer noch in erster Linie deutschsprachig. Dem Anspruch an eine europaweit tätige Organisation werde man damit nicht gerecht.
Abschließend schlägt die Studie dem Management die Einführung von KPI (key performance indicators) auf der Basis der SDG (sustainable development goals) vor, um konkrete Fortschritte bei den identifizierten Schwachpunkten einer nachhaltigen Unternehmensführung messen und dokumentieren zu können.
Reaktion des Managements
Die Umfrage- und Analyseergebnisse sollen in die Strategieentwicklung des Verbandes einfließen. In einer ersten Stellungnahme sieht sich das Management in seinem aktuellen Kurs bestärkt: "Die Arbeit ist für uns gleichzeitig Ansporn und Bestätigung. Mit der neuen Vergaberichtlinie 5020 stärken wir das Profil von natureplus auch im Bereich Klimaschutz, indem wir den CO2-Fußabdruck installieren", sagt Tilmann Kramolisch, natureplus-Geschäftsführer. "Außerdem stand das Thema Circular Economy im Mittelpunkt unserer gerade abgeschlossenen Webseminarreihe.“
Mit der Veranstaltungsreihe „natureplus Europe - Healthy Building 2020“ jetzt im Oktober möchte der Verein zusammen mit seinen Partner Organisationen sein Info-Angebot verstärkt auch außerhalb des deutschsprachigen Raums anbieten. Die Abschlussarbeit wird im natureplus-Vorstand und bei der Geschäftsführung sicher noch einige Zeit für Diskussionsstoff sorgen.